Campingbus-Weihnachten auf dem Land in Frankreich

Es ist erstaunlich, welche Orte man unerwartet zum zweiten Mal besucht. An Heiligabend haben wir in Frankreich zwischen Dijon und Lyon im gleichen Geschäft eingekauft wie vor einem Jahr. Theo hat im Kühlregal so routiniert nach der verpackten Rohkostplatte mit Dip gegriffen, die wir damals öfter gekauft haben, als seien wir nie weg gewesen. Nur dass diesmal kein Blumenkohl drin ist, dafür mehr Radieschen. 

Doch wie so oft im Leben hatten wir auch diesmal die Wahl: bleiben oder weiterziehen. Nach dem Einkauf haben wir uns kurz unseren Weihnachtsstellplatz vom letzten Mal angeschaut — und sind wieder gefahren. Woandershin, wo es schöner ist.

Ein Stellplatz am Ortsrand eines kleinen Dorfs mit viel Platz zum Spielen.
Die Sonne geht auf wie auf einer Postkarte.

Zwei Reisen, zwei Leben, und ganz viel dazwischen

Die vertrauten Orte lassen zwei Realitäten übereinanderfallen wie halbtransparente Weihnachtsfensterbilder. Eine Familie im Campingbus vor einem Jahr und heute. Damals zu fünft, heute zu sechst. Es ist nicht mehr die gleiche Familie. Das Jahr, was zwischen den beiden Reisen liegt, hat sie auseinandergenommen. So sehr, dass selbst der Bus, das zweite Zuhause, eine zeitlang nur noch eine Auto war. Ein Auto, das kurz vor Abreise wieder einmal vor einem anderen Haus steht, denn wir sind umgezogen — wie im letzten Jahr kurz vor Weihnachten.

Diesmal ist es das alte Haus, neu renoviert und halb fertig nur, in das wir zurückgezogen sind. Die Strapazen des Umbaus haben alles durcheinandergeworfen. Urlaub gemacht haben wir zum letzten Mal genau hier in Frankreich, auf dem Weg nach Süden, vor einem Jahr. Dazwischen gab es nur ein paar Wochenenden und schließlich gar nichts mehr. Andere Dinge waren drängender, die Zeit knapp. Dementsprechend wenig habe ich von der Abfahrt erwartet.

Entspannte Kinder, entspannte Eltern

Doch schon nach einem Tag ist es wieder da, das zweite Zuhause. Die Welt vor der Schiebetür zieht uns nach draußen. Unser Wohnzimmer hat einen Blick auf rollende Hügel. Die Kinder rennen draußen herum, bis es Abend wird. Wie habe ich es vermisst! Anstatt dass die Abläufe auf kleinstem Raum mit vier kleinen Kindern den Eltern den letzten Nerv rauben, kehrt Ruhe ein. 

Die Vegetation hat sich sichtlich verändert, die Temperaturen auch: Wir sind südlich von Valence angekommen und der deutsche Winter ist weit entfernt.

Über die Weihnachtstage gibt es keine Termine, niemand steht Stunden in der Küche. Wir füllen den Einkaufswagen mit allem, was uns gefällt, und essen es unter einem grauen Himmel. Geschenke bringt das Christkind durch die Schiebetür, während die Kinder im Aufstelldach warten. Eine einzige rote Christbaumkugel hängt im Führerhaus. 

Apropos Essen: Unser Baby macht seit der Abreise eine abenteuerliche Verwandlung durch. War sie zuhause noch die Ruhe selbst und über Monate einzig darauf bedacht, zu beobachten und zu schlafen, ist sie jetzt innerhalb weniger Tage nach dem Durchbruch der ersten zwei Zähnchen zu einem geifernden Raubtier geworden, das jede Mahlzeit zu einem wilden Gerangel macht. 

Am liebsten essen, am liebsten alles. Eine knisternde Verpackung ist aber auch gut zum Spielen.

Sieht sie ein Familienmitglied Nahrung zum Mund führen, schreit und grapscht sie wild danach, solange bis sie die halb zerfetzte Beute zum Mund führen und kosten kann. Und so kommt es, dass am ersten Weihnachtsfeiertag unser bald sechs Monate altes Baby Baguette, Croissant, Banane und Surimi probiert. Das schlimmste aber ist, dass sie in ihren Geschwistern, die ihre Körpersprache — das zum Schrei aufgerissene Schnäbelchen, die wedelnden Ärmchen — sofort richtig deuten, willige Komplizen gefunden hat. Wir sind also andauernd damit beschäftigt, unpassende Lebensmittel und Lebensmittel in unpassenden Größen vom Baby wegzusteuern, während die Kinderhände sie ihr freudig entgegenstrecken. Und das in Frankreich, wo nichts schöner wäre, als selbst ganz entspannt in ein Baguette, Tartelette oder Eclair zu beißen. 

In Lyon machen wir nur einen kurzen Stopp, um das Baby zu beruhigen.

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