Am Nordseestrand

Immer wieder ziehe ich das widerspenstige Brett hinein ins Meer. Das Wasser saugt an den Knöcheln, den Beinen. Die Wellen schäumen und überschlagen sich auf dem Weg zum Strand. Salz in den Augen, der Nase, im Mund. Ich stehe bis zur Brust im Wasser und schaue in einen stahlgrauen Himmel, der plötzlich von einem perfekten Regenbogen überspannt wird. Norderney auf einer Postkarte — und ich mittendrin beim Surfen. 

Naja, sind wir mal ehrlich, Surfen kann man diese ersten Gleitversuche auf dem Wasser eigentlich nicht nennen. Ein paar Mal hat mich wie durch Zufall eine Welle gepackt und ich bin, bäuchlings auf dem Brett liegend, bis zum Strand geflutscht. Aber was für ein Gefühl das war. Wie Fliegen übers Wasser. Jetzt rächt sich der Übermut mit einem schleichenden Schmerz in den Schultern und im Nacken. Wahrscheinlich habe ich morgen Muskelkater.

Surfen ist das Hobby unserer Freundin, die auf Norderney lebt. Sie hat uns für zwei Tage bei sich aufgenommen. Sie und ihre Mitbewohnerin hatten einen Riesenzirkus in der Wohnung und jede Muschel auf dem Fensterbrett, jede Schachtel auf dem Schrank und jedes Buch auf dem Couchtisch wurden mindestens zweimal von kleinen, neugierigen Händchen gepackt und schließlich von großen Händen aufs oberste Regalbrett gelegt. 

Plötzlich wieder planen müssen

Für uns war es das erste Mal seit mehr als zwei Monaten, dass wir nicht im Auto geschlafen haben. Das Inselstädtchen ist nämlich bis Ende Oktober in Teilen autofrei. Es gibt Campingplätze, aber die sind zu weit außerhalb, um mit den Kindern zu Fuß in die Stadt zu laufen. Zudem hätten wir selbst jetzt im Oktober vermutlich gar keinen Platz mehr bekommen. Touristisch ist hier noch Hochsaison. 

Es ist ein Kulturschock nach so langer Zeit in Skandinavien wieder zurück in Deutschland zu sein. Nach einem Leben in der Gegenwart müssen wir wieder alles reservieren, buchen und planen, sonst klappt es nicht. Das ist ungewohnt und nervt. Auch das mobile Internet ist lahm, in den Dünen kann man nicht mal überall telefonieren. 

Verlockende Landschaft

Spaziergang in den Dünen
Picknickpause

Dafür ist der Inselosten, wo sich Sandhügel an Sandhügel reiht, eine für uns neuartige und erstaunliche Landschaft. Kilometerweit hätten wir hier laufen können, von einer Mulde zur nächsten — wenn wir nicht einen Bollerwagen mit drei Kindern, Essen, Picknickdecke, Wickelsachen und allen in der Nachmittagssonne abgeworfenen Regenjacken hinter uns her gezogen hätten. 

Immer, wenn wir irgendwo ankommen, fragen wir uns, was das Leben an diesem bestimmten Ort reizvoll macht. Auf Norderney hat uns gefallen: Die autofreie Innenstadt, zu Fuß zum Strand zu kommen (und mit dem Rad überall hin), der überdachte Spielplatz, die Tee-statt-Kaffee-Mentalität. Und natürlich, jemanden zu kennen.

Der überdachte Spielplatz ist nicht nur bei Regen top

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